
Train-Offizier auf dem Marsch
Feldbäckereien hielten
Kriegsmaschine am Laufen

Das Kommissbrot musste schnell
verladen und rasch an die Front
gebracht werden.

An die 500 Brote pro Stunde wurden
von einer Divisionsbäckerei erzeugt.
Gearbeitet wurde rund um die Uhr.

Ohne Mehl kein Brot: Ununterbrochen wurden Säcke herbeigeschleppt.


Fahrbarer Feldbackofen "System Manfred Weiss"

Kurze Atempause für das Feldbäckereipersonal

Gut einquartiert: Improvisation ist der Kriegsalltag für alle Feldbäcker.

Kaiser Franz Josef ordnete die Erzeugung eines mobilen, modernen und leistungsfähigen Feldbackofens an.

Um jede Menge Brot backen zu können wurde jede Menge Holz verheizt.
Hainburger Wasserkaserne wurde
durck K.u.K. Kommissbrot Erzeuger nachhaltig ruiniert
von Kurt Guggenbichler
Erst kommt das Fressen, dann die Moral.
Diese Erkenntnis des Dramatikers Berthold Brecht gilt auch für Soldaten. Wer Hunger leidet, kämpft nicht gut. Daher trachtete auch Kaiser Franz Josef danach, seine Armeeangehörigen stets gut zu versorgen.
Die Feldbäckereien hatten wesentlichen Anteil daran, dass die k. u. k. Kriegsmaschine gut funktionierte.
Durch den vorgesehenen Umbau der ehemaligen Wasserkaserne in Hainburg hat man sich jetzt wieder dieses wichtigsten Truppenversorgungsverbandes erinnert, der auch im Ersten Weltkrieg eine führende Rolle hinter der Front spielte.
Die Stadt Hainburg kennt man in Bundesheerkreisen als langjährigen Jagdkommandostandort. Doch die kleine Stadt an der Donau war einst nicht nur Heimstätte für Österreichs Soldatenelite, sondern auch Garnisonsort für Jäger, Pioniere, Pionierkadetten und – man höre und staune – sogar für eine k. u. k. Feldbäckerei.
Die war in der so genannten Wasserkaserne einquartiert, die nicht immer eine Kaserne war.
Denn sehr viel länger als dieser alte Gebäudekomplex an der Oppitzgasse als Militärunterkunft genutzt wurde, war er als Tuchfabrik in Verwendung. Nun soll aus dem alten Gemäuer, das zuletzt ein leerstehendes Substandard-Wohnquartier war, an dem der Zahn der Zeit schon heftig genagt hatte, eine moderne Jugendherberge werden.
Dazu wird die ehemalige Wasserkaserne komplett umgebaut, erläutert Andreas Kollross, der Vorsitzende des Niederösterreichischen Jugendherbergsverbandes und eine Totalsanierung hat diese desolate Anlage auch dringend nötig. Die größten Verwundungen waren der Wasserkaserne schon Mitte des vorvorigen Jahrhunderts durch eine spezielle Einheit der k.u.k. Armee zugefügt worden. Damals hat das Areal am meisten gelitten.
Doch wer nun denkt, dass es sich bei den Soldaten, die dort einquartiert waren um eine harte Truppe a la Jagdkommando gehandelt hätte, der irrt. Denn belegt war die Kaserne Mitte der 1850er-Jahre mit dem Personal einer Feldbäckerei. Doch durch deren Tätigkeit sei an den meisten Lokalitäten des Gebäudekomplexes enormer Schaden entstanden, heißt es in einer Chronik. Die Anhäufung von Mehlvorräten in den Räumen wie auch der Einbau von Backöfen an Plätzen, die dafür nicht vorgesehen waren, seien dem Objekt nicht gut bekommen.
Selten feste Quartiere
Das Militär hatte die Anlage, die sich der Unternehmer Johann Oppitz 1725 als Tuchfabrik hatte erbauen lassen, erst 1822 von der Hainburger Bürgerschaft „als Brandstätte“ gekauft und zur Kaserne umfunktioniert. 1849 wurde darin eine Feldbäckerei einquartiert. Die sollte von Hainburg aus die k.u.k Truppen im nahen Ungarn, wo gerade ein Aufstand im Gange war, mit Brot versorgen. 1852 verließen die Feldbäcker die Wasserkaserne und eine Pionierkompanie zog ein.
Aber fast drei Jahre lang hatten die Komissbroterzeuger, wohl zu ihrer Freude, in einem festen Quartier arbeiten können. Üblicherweise jedoch richteten sich Feldbäckereien mit ihrem Tross aber weniger in Häusern ein, sondern vielmehr in der freien Natur, an einem geeigneten Platz im Gelände. Denn zur Errichtung der Feldbacköfen werde ein offener, ebener Bereich mit bequemen Zu- und Abfahrten für die Fuhrwerke benötigt heißt es in einer Militärverordnung aus jener Zeit heißt. Dieser Platz soll auch Schutz vor Winden und Überschwemmungen bieten und in der Nähe soll sich gutes Wasser befinden.
Gibt es freilich in dem für die Stationierung der Militärbäckerei vorgesehen Abschnitt auch Gebäude, „welche für die Zwecke des Backbetriebes benutzt werden können, so waren sie dem offenen Gelände vorzuziehen“ heißt es in der Verordnung weiter. Von daher hatte für die Feldbäcker in Hainburg gar kein Weg an der Wasserkaserne vorbeigeführt.
Schnelle Brotversorgung
Sofort nachdem die militärischen Broterzeuger mit Sack und Pack in ihrem festen Hainburger Quartier untergekommen waren, begannen sie unverzüglich mit der Installation ihrer schwerfälligen Backöfen. Wie viele sie davon in der Wasserkaserne errichtet hatten ist nicht bekannt, aber wenigstens fünf dürften es schon gewesen sein, vermuten Experten. Sehr wahrscheinlich handelte es sich dabei um gemauerte Feldbacköfen „nach dem Glenk‘schem System“, die Kaiser Franz Ferdinand der Gütige nach 1835 in der Armee hatte einführen lassen.
Zwei Öfen dieser Art waren 1848 auch in der ungarischen Festung Comorn in Verwendung, die während der März-Unruhen von den Aufständischen zunächst gestürmt und nach mehreren Tagen der Besetzung wieder geräumt worden war. Als Folge dieser Okkupation wurden eiligst Truppenverstärkungen nach Comorn in Marsch gesetzt. Der Tross dieser Truppen brachte gleich zwei weitere Glenk-Öfen mit, um die Brotversorgung der Bevölkerung wie auch der Soldaten sichern zu können.
Die schnelle und ausreichende Versorgung mit Brot war wichtig, weil Soldaten mit leeren Mägen wenig Lust aufs Kämpfen verspüren und Zivilisten mit vollen Mägen auch nicht so schnell rebellieren. Daher hatten die Armeen auch immer genügend Bäcker und Öfen in ihren Reihen wie im Übrigen auch Köche und Fleischer. Als nun Kaiser Franz-Joseph ab 1866 seinem Armeekorps die Neuorganisation des Feldbäckereiwesens befahl, so hatte er dabei nicht etwa Personaleinsparungen vor Augen, sondern lediglich eine Modernisierung des technischen Equipments. Daher wurde als erstes der umständliche Glenk-Ofen durch den angeblich leichter handzuhabenden Artmannschen Feldbackofen ersetzt. Dieser Ofen entsprach zwar allen Anforderungen wie in Streufflers österreichischer Militärzeitschrift berichtet wurde, hatte aber als gemauerter Ofen den Nachteil der Immobilität.
Lange Aufbauzeit
Dieser Nachteil hat sich in der Schlacht bei Königsgrätz (1866) besonders deutlich gezeigt. Denn als die Feldbäckerei der preußische Armee bei Guben schon längst stand, waren die Österreicher noch immer mit dem Aufbau ihrer Backöfen beschäftigt, notierte die „Allgemeine illustrierte Zeitung.“ Offiziellen Quellen zufolge hatten unsere Soldaten damals mehr als zwei Monate mit der Errichtung ihrer Feldbäckerei zu tun. Allein für den Bau einer Ofendoppelgarnitur waren nämlich 19.000 Stück Ziegel erforderlich, nicht eingerechnet die Ziegel für Backstube und Depot. Und wenigstens 20 Öfen sollte man schon haben, um pro Tag etwa 80.000 Portionen Brot erzeugen zu können.
Nach dem Debakel von 1866 war für die Armeeführung jedenfalls klar: Für die Zukunft musste ein transportabler Feldbackofen her! Das Geniekorps, die Ingenieur-Offiziere, begannen sofort herum zu tüfteln, starteten verschiedene Versuche, mitunter mit nicht so ermutigenden Ergebnissen. Schließlich stießen die Herren aber auf ein Modell der britischen Armee, das dort schon seit 30 Jahren in guter Verwendung war: Den „Aldershot“-Ofen. Allerdings handelte es sich dabei um einen reinen Weizenbrotbackofen für niedrige Temperaturen. Außerdem hatte er noch einige andere Handicaps. Also war auch dieses Modell für die Verwendung in der österreichischen Armee ungeeignet.
Viel Transportmaterial
Mit dem transportablen deutschen Feldbackofen, der nach dem Peyer’schen System arbeitete, schien man dann endlich ein geeignetes Gerät gefunden zu haben. Der hatte auch noch einen kleinen Bruder, einen Gebirsgbackofen, der etwas schmäler und an seinen Mundlochtürchen mit nur einem Griff sofort zu erkennen war wie Bäckermeister Hermann Müller in dem von ihm privat herausgegebenen Buch „Die Feldbäckereien“ schreibt. Zudem verfügte dieser Ofen über zerlegbare Backtröge, die von Tragtieren zu jedem Einsatzort gebracht werden konnten, einschließlich der dazugehörigen Zelte.
Für die Beförderung einer Ofengarnitur waren allerdings nicht nur 20 Lastpferde erforderlich, sondern auch zehn Tragtierführer und ein Unteroffizier. Jedes Tier wurde mit einem Gewicht von etwa 55 Kilo belastet. Außerdem musste es auch noch sein eigens Futter tragen. Doch neben den von Pferden transportierten oder gezogenen Backöfen mussten mit Fuhrwerken auch noch die für die Brotherstellung nötigen Zutaten wie Mehl, Kümmel und Salz mitgenommen werden – viel Zeug.
Die Peyer-Öfen arbeiten zwar zuverlässig, waren aber hinsichtlich des erforderlichen Aufwandes und der Mobilität nicht gerade ideal. Also hieß es mit Hochdruck weitersuchen nach einem leichter zu handhabenden Mobilofen für den Feldbetrieb. Als die Engländer 1872 schließlich ihren fahrbaren Feldbackofen präsentierten und die Franzosen nur 15 Jahre später mit einer fahrbaren Feldbäckerei-Kompanie brillierten, zu der nicht weniger 18 mobile Öfen gehörten, dürfte Panik ausgebrochen sein in der österreichische Armeeführung.
Als 1897 auch noch Deutschland mit einer fahrbaren Militärbäckerei auftrumpfte, riss Kaiser Franz Joseph offenbar endgültig der Geduldsfaden. Flugs brachte er einen Erlass zu Papier, in dem alle österreichisch-ungarischen Backhersteller aufgerufen wurden, einen fahrbaren Feldbackofen zu konstruieren. Unterschwellig suggerierte die Botschaft: Aber möglichst flott, meine Herren! Die jeweiligen Modelle sollten dann bei einem Vergleichsbacken im Heeresproviantdepot zeigen, was sie können.
Moderner Ofen
Das Rennen machte eine Konstruktion des ungarischen Honved-Oberst Josef Bekésy und seine Erfindung wurde dann von der Eisenverarbeitungsfabrik des Manfred Weiss in Budapest zur Serienreife entwickelt. Dieser mobile Weiss‘sche Ofen war nun endlich handlich, geländegängig und technisch so ausgereift, dass man mit ihm sowohl Weizen- als auch Roggen-Kommissionsbrote herstellen konnte. Er wurde im gesamten österreichisch-ungarischen Heer eingeführt.
Damit sind die Soldaten des Kaisers dann auch in den Ersten Weltkrieg gezogen, in dessen Verlauf sich dieser Feldbackofen zweifellos bewährte, notierte Oberstleutnant Otto Witek, Intendant der k. u. k. Divisionsbäckerei 34, in seinem Kriegstagebuch: Dieser Ofen sei ein wichtiger Bestandteil zur Versorgung der Truppe, lobt er, bemängelt allerdings „die nicht sehr widerstandsfähigen Räder“ dieses Modells.
Die Feldbäcker aber hatten ohnehin nicht nur die Öfen von Manfred Weiss in ihrem Tross, sondern auch noch Öfen, die nach dem Peyer`schen System arbeiteten. Eine Feldbäcker-Kolonne rückte 1914 mit 120 Bäckern, zwölf Oberbäckern und einem Backmeister aus. Die Aufsicht über den Backbetrieb führte ein Proviant-Inspektor, der dem Intendanturrat unterstellt war. Befand sich die Feldbäckerei-Kolonne auf dem Marsch, gehörte sie zur kämpfenden Truppe und ein Train-Rittmeister hatte die Befehlsgewalt.
Harte Arbeit
Jedes Armeekorps verfügte zudem über eine Reserve-Feldbäckerei-Kolonne, die mit 40 transportablen, eisernen Peyer’schen Öfen aufmarschierte. Die den Korps unterstehenden Hilfsbäckereien kamen meist weit hinter der Front zum Einsatz und hatten ihren Standort vielfach an Eisenbahnknotenpunkten, von wo aus das Brot mit dem Zug schnell zu den Truppenteilen gelangte. Ein leichtes Leben haben die Militärbäcker, auch wenn sie in der Etappe werkten, nicht gehabt.
Eine Divisionsbäckerei verfügte meist über zehn Ofenwagen, mit denen in jeder Betriebsstunde 500 Brotwecken erzeugt wurden, was in etwa 1000 Portionen entsprach. Meist wurde 13 Stunden am Tag gebacken, womit auf jeden der 26.000 Männer einer Truppendivision eine halbe Brotration entfiel. Für die fehlende andere Hälfte wurde Zwieback, Mehl oder noch vorhandenes fertiges Brot ausgegeben, berichtet Witek.
In seiner Division, die am 28. Juli 1914 mobilisiert worden war und die sowohl an der Ost- als auch an der Isonzofront eingesetzt war, herrschte – wie in anderen Divisionen auch – ein großes Sprachenwirrwarr. „Denn der Vorstand der Bäckerei war ein Deutscher aus Wien, Trainkommandant ein ungarischer Berufsoffizier. Die Reservetrainoffiziere und Reserveverpflegsbeamten waren meist Tschechen oder Ungarn. Die Mannschaft bestand aus Deutschen (10 Prozent), Magyaren, Serben, Rumänen, auch Polen, Slowenen und Slowaken.“
Aber man habe sich unterhalten können. Denn unter der Mannschaft seien viele Männer gewesen, die mindestens zwei bis drei landesübliche Sprachen verstanden und nicht wenige hätten auch Englisch gesprochen als Folge eines längeren Aufenthaltes in Nordamerika.
Für Witek, seine Feldbäcker und den Tross endete der Krieg am 14. November 1918 vor der altehrwürdigen Burg in Wiener Neustadt. Die letzten Pferde und Fuhrwerke der Truppe wurden dort an die Stadtwehr übergeben, dann konstatierte Witek: „Die Mannschaft nach Ungarn ist einwaggoniert, die Divisionsbäckerei ist abgerüstet.“