top of page

FESTE ANLAGEN  TEIL 1

Rolf M. Urrisk

GESCHICHTE DER

BEWAFFNUNG

DES ÖSTERREICHISCHEN BUNDESHEERES

Folge 9

„Der Igel ist ein stachlig Tier – Rühr ihn nicht an, ich rat’ es Dir“

 

Dieser Slogan stand in den 70er und 80er Jahren für das Konzept der Raumverteidigung, ein Konzept, das heute schon wieder in Vergessenheit geraten ist. Ein Konzept aber, dass damals das Denken der Kommandanten aller Ebenen stark beeinflusste – und an das auch (fast) alle glaubten. Es war die Antwort eines Kleinstaates auf die geostrategische Lage zwischen den beiden damals noch bestehenden Blöcken, dem Nordatlantikpakt (NATO) im Westen und dem Warschauer Pakt (WaPa) im Osten.

 

Im Wesentlichen sah das Konzept zwei Verfahren vor: Die Verteidigung von Schlüsselzonen  und die Raumsicherung. Die Schlüsselzonen waren mit Bollwerken vergleichbar, die sich den Angriffen des Gegners entgegenstellten. Hier wirkten die mobilen gepanzerten Kräfte der sogenannten Bereitschaftstruppe, die sich auf  territoriale Kräfte im Raum abstützen konnten. Diese Räume wurden bereits im Frieden zur nachhaltigen Verteidigung ausgebaut. Außerhalb der Schlüsselzonen wurden Raumsicherungszonen eingerichtet. Hier sollte der Feind an Sperrstellungen immer wieder verzögert durch Jagdkampfkräfte in Flanke und Rücken ständig neu angegriffen werden. Man nannte dies das „System der 1000 Nadelstiche“ (siehe Igel!!).

 

Durch den auf diese Art erzielten hohen "Durchmarsch- oder Aufenthaltspreis" sollten potenzielle Gegner von vornherein davon abgehalten werden, das Territorium Österreichs als Aufmarschraum zu nutzen. Man sprach daher von Abhalteeffekt. Dass dies von potentiellen Angreifern sehr ernst genommen wurde, bewiesen Dokumente, die erst Jahrzehnte später in die Öffentlichkeit gelangten.

 

Die Festen Anlagen

 

Das Korsett der Schlüsselzonen bildeten Sperren und Feste Anlagen.  Durch die Sperren sollte der Feind zum Stehen gebracht werden, um so lohnende Ziele für die Infanterie und Panzerabwehr aus Festen Anlagen zu bieten.

 

Bei den Festen Anlagen (FAn) handelte es sich um Bunker, die Panzerabwehrkanonen bzw. mit Panzertürmen ausgestattet wurden. Die Panzertürme wurden von ausgeschiedenen Panzern verwendet.

 

FAn „Charioteer

 

Zu den ersten Panzern, die es dabei „erwischte“ gehörten die russischen T-34/85 und die britischen „Charioteer“. Nicht mehr fahrbereit, erhielten sie so eine neue und wichtige Aufgabe.

 

1956 wurden in Großbritannien 56 mittlere Kampfpanzer „Charioteer“ angekauft.

Das Fahrzeug war durch Aufsetzen eines Turmes mit einer 8,34 cm Panzerkanone auf das Fahrgestell des älteren Kampfpanzers „Cromwell“ enstanden. 1958 erhielt das Panzerbataillon 4 in Graz 51 Panzer. Die restlichen gingen an die Panzertruppenschule bzw. die Heeresversorgungsschule. 1965 wurden die Panzer durch den M-47 ersetzt. Die Wannen wurden ausgeschieden und verschrottet, die Panzertürme aber „lebten“ als Feste Anlagen weiter. Einige Charioteer wurden in weiterer Folge auf die 10,5 cm Panzerkanone M.68 umgerüstet.

Chariteer mit 8,34 cm Kanone eingebaut in einer

Festen Anlage.

Charioteer mit 10,5 cm Kanone auf einem Bunker aufgesetzt.

Bei dieser „offenen Bauweise“ wurde zur Tarnung in Friedenszeiten ein „Jagd- oder Blockhaus“ über dem Turm errichtet, das für den Feuerkampf auf Schienen zurückgeschoben oder dessen Wände einfach weggeklappt werden konnten. Das Bild zeigt eine derartige Hütte der Bunkeranlage Ungerberg (Außenstelle des Heeresgeschichtlichen Museums). Über dem Rohr befindet sich eine Thermohülle, um das Rohr vor den Witterungseinflüssen zu schützen.

Literatur: Rolf M. Urrisk: „Die Bewaffnung des Österreichischen Bundesheeres“, Weishaupt-Verlag, Graz 1988.

bottom of page