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Regierung treibt die Demilitarisierung der Armee weiter munter voran

Bundesheer soll Flüchtlingen helfen, ist aber schon Sicherheitsrisiko für EU

Da sich dieses Asylanten-Unterbringungsproblem bislang nicht von selbst gelöst hat wie dies die im Durchtauchen versierte Bundesregierung wohl gehofft hatte, drängte der burgenländische Landeshauptmann Hans Nissl – zwar schon etwas spät, aber immerhin doch – Ende Juli (und einige Tage später dann auch via Tageszeitung „Österreich“) auf einen Assistenzeinsatz des Bundesheeres.

Auch die die lange Zeit allein vor sich hinwurstelnde Innenministerin Johanna Mickl-Leitner hatte Anfang August ebenfalls laut überlegte, ob es nicht doch besser wäre, sich von den Soldaten helfen zu lassen. Grundsätzlich hat Verteidigungsminister Klug auch seine Bereitschaft zur Polizeiunterstützung signalisiert.

 

Dafür sei es sogar höchste Zeit, tönte unmittelbar darauf der oberösterreichische Landesrat Manfred Haimbuchner (36) per Presseaussendung von Linz aus hinaus ins Land, zumal ein derartiges Ansinnen im Wehrgesetz auch ganz klar geregelt ist. In diesem Gesetz steht nämlich, welche Aufgaben das Bundesheer zu erledigen hat. Hauptaufgabe ist natürlich die militärische Landesverteidigung sowie Hilfeleistungen im Ausland, aber auch Unterstützungsmaßnahmen in Österreich. Wird das Heer um eine solche inländische Hilfeleistung ersucht, weil Elementarereignisse oder Unglücke größeren Ausmaßes zu bewältigen sind, muss die Truppe ausrücken. Ebenso hat sie in den Einsatz zu gehen, wenn sie zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Land benötigt wird – theoretisch.

 

WAS DARF DAS HEER NOCH TUN?

 

Praktisch jedoch scheint das Beispringen des Bundesheeres gar nicht so einfach zu sein wie das der österreichische Bürger möglicherweise glaubt, auch wenn er die Soldaten schon oft beim Schneeschaufeln, bei der Hochwasserbekämpfung und beim Pistenpräparieren für wichtige Skirennen erleben durfte und sie deshalb auch bejubelt hat. Doch vor den schnellen und unbürokratischen Assistenzeinsatz haben die vielen Bürokraten und Bedenkenträger in diesem Land, die schuld daran sind, dass sich kaum noch etwas bewegt in dieser Republik, die Mühsal von Beratungen gesetzt.

Denn natürlich müsse man zuerst genau prüfen, worum es eigentlich konkret geht. Da könnte ja ein jeder kommen….

Geht es also bei dem Assistenzleistungsersuchen um einen Katastropheneinsatz oder um einen Einsatz zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung? Bei letzteren sind die Kompetenzen nämlich eingeschränkt, vor allem wenn dabei mehr als 100 Soldaten ins Spiel kommen sollen. Da genügt es nicht mehr, wenn ein Land oder eine Gemeinde nach dem Heer schreit. Denn Einsätze bei Ordnungsfragen im Inneren können nur vom Innenministerium erbeten oder allein von der Bundesregierung angeordnet werden, und auch nur in absoluten Notfällen und bei unmittelbar drohendem Schaden.

Als was wäre nun die Hilfe des Heeres bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms einzustufen? Wäre dies ein Einsatz zur Aufrechterhaltung der inneren Ordnung oder diente das Heer lediglich als eine Art Speditionsunternehmen, das Flüchtlinge und Verpflegung transportiert?

An so etwas zumindest hatte die Innenministerin gedacht.

Was also soll das Heer konkret tun und für wie lang? Fragen über Fragen!

 

SICHERHEITSRISIKO FÜR EU

 

Die wenigsten Bürger können so etwas verstehen. „Wir brauchen Taten und keine Beratungen“, forderte daher Haimbuchner mit Nachdruck, zumal sich die Militärs und politisch Verantwortlichen in der Vergangenheit immer stets damit gebrüstet haben, dass unser Heer immer helfe, wo andere nicht mehr könnten, worauf im Übrigen auch der Journalist Eike-Clemens Kullmann in den Oberösterreichischen Nachrichten verwies. Daraufhin überlegte gar so mancher Zeitungsleser, inwieweit dieser flotte Spruch heute noch Gültigkeit hat?

Denn auch wenn der Wille zur Hilfe bei der Heeresführung vorhanden ist, so ist es doch fraglich, ob sich das Heer und die Republik so einen Assistenzeinsatz überhaupt noch zu leisten vermögen? Bezahlt werden muss er nämlich aus dem Budget des Verteidigungsministeriums, das der Finanzminister bekanntlich radikal zusammengestrichen hat. Schon bei früheren Übungen wurden Soldaten mit angemieteten Bussen ins Manövergebiet transportiert, weil es der Armee an Fahrzeugen und auch am Sprit mangelt. Woher dann den Sprit für die Flüchtlingshilfe nehmen? Dem ziemlich abmontierten Bundesheer trauen mittlerweile auch Fachleute nur noch wenig zu, vor allem in Fragen der Landesverteidigung. Mittlerweile müssen wir uns schon von allen Seiten den Vorwurf gefallen lassen, dass Österreich immer mehr zu einem Sicherheitsrisiko für die EU werde.

Vor solchen Situationen, die eindeutig eine Folge des Kaputtsparens sind, was die Regierung jedoch als Heeresreform bezeichnet, haben nicht wenige verantwortungsvolle Militärs schon beizeiten gewarnt. Einer der ersten war der frühere Generalstabschef Edmund Entacher, der mit dem damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos deswegen permanent im Clinch lag und der den Militär auch bald darauf in die Pension drängte. Auch der danach hochgelobte Entacher-Nachfolger Otmar Commenda hat es sich wegen seiner Kritik an den Spar-Befehlen für das Heer mit seinem Verteidigungsminister schon verscherzt. Kolportiert werden sogar Schreiduelle zwischen den beiden Alpha-Männern in der Rossauer-Kaserne. Da dürfte es in den Fluren ganz schön laut gewesen sein.

In der vorletzten Juli-Woche entmachtete Gerald Klug schließlich seinen fähigen, jedoch unbequemen Generalstabschef, indem er ihm kurzerhand die Verfügungsgewalt über Budget, Personal und Kontrolle entzog. Commenda ist nun nur noch für rein militärische Belange zuständig. Die operativen Agenden werden jetzt – erstmals in der Geschichte der österreichischen Armee  –

von einem zivilen Triumvirat geführt: eben von Klug, Kabinettschef Stefan Kammerhofer und Sektionschef Christian Kemperle. Conrad von Hötzendorf und Alfred Jansa, beide ehemalige österreichische Generalstabchefs, dürften sich im Grab umdrehen. Klug scheint nun zu hoffen, dass Commenda bald entnervt das Handtuch wirft und geht.

 

ABBAU GEHT WEITER

 

Vorerst jedoch geht die von der Politik schon längere Zeit betriebe Demontage des Heeres munter weiter und für Entacher ist dies daher nur ein weiterer logischer Schritt zur Demilitarisierung der Republik. Wie so ein derart zerstrittener und uneiniger Führungshaufen dazu in der Lage sein sollte, Assistenzeinsätze problemlos zu bewerkstelligen, lässt mittlerweile auch Experten dran zweifeln. Auch in der Truppe hat die Stimmung bereits den Tiefpunkt erreicht. So zittert man beispielsweise bei den Luftstreitkräften derzeit aktuell um 600 Jobs. Dort will man die Mannschaft der beiden Brigaden in den kommenden Jahren um 16,8 Prozent reduzieren, von 3500 auf 2900 Soldaten herunterschrauben. Im Verteidigungsministerium werde dieses Vorhaben großspurig „Reform ÖBH 2018“ genannt, doch bei der Truppe werden die Pläne als drohender Kahlschlag empfunden, wettert Kullmann in den OÖN.

Österreich rüstet ab, sorgt sich Entacher in der Tageszeitung „Kurier“ über den „pazifistischen Sonderweg“ der Republik, den die Nachbarn als höchst zweifelhaft und bedrohlich betrachteten. Denn diese hätten den jahrelangen Abrüstungstrend in ihren Ländern nicht nur bereits gestoppt, sondern auch die Verteidigungsbudgets erhöht und die Armeen restrukturiert, sinnierte Entacher gegenüber dem Militärspezialisten W. Theuretsbacher: Österreich jedoch habe sich von einem Großteil seiner Panzer getrennt, die Fahrzeugflotte verschrottet und mustere darüber hinaus Panzerabwehrlenkwaffen und Granatwerfer aus. Auch Artillerie und Fliegerabwehr seien bereits am Ende. Mit der Demontage des Bundesheeres auf ein Drittel seiner früheren Feuerkraft, sei es nicht mehr in der Lage, die österreichische Sicherheitsstrategie zu erfüllen, behauptet der ehemalige Generalstabschef. – Na dann: Gute Nacht, Österreich!

Von Kurt Guggenbichler

 

 

 

 

 

Schneller als es so manche seiner Demontierer  vermutet hätten wird das Bundesheer wieder gebraucht, um der heillos überforderten, weil auch schon längst kaputtgesparten Polizei bei der Bewältigung des Flüchtlingsansturms zu helfen. Doch dies gestaltet sich wieder einmal schwieriger als es eigentlich müsste – wie so vieles in Österreich. Dabei ist nur rasche Hilfe, eine erfolgversprechende Hilfe, wie man weiß und bei Steuererhöhungen und Gagenaufbesserungen für Politiker geht das in diesem Land auch stets ruckzuck. Ansonsten hat es die Regierung, die das Wort schnell schon längst aus ihrem Wortschatz gestrichen haben dürfte, meist nicht sehr eilig, wie unter anderem auch das Asylchaos zeigt.

Einsam unterwegs:

Ist dies bald schon der letzte Bundesheerhubschrauber.

Bei den Luftstreitkräften sind 600 Jobs in Gefahr.

Statt Handshakes nur noch Schreiduelle? Als die Welt zwischen den beiden Alpha-Männern Gerald Klug und Othmar Commenda noch schwer in Ordnung war.

Assistenzeinsätze sind im Wehrgesetz geregelt und bedürfen der genauen Prüfung.

Auch Edmund Entacher – im Bild noch als Generalstabschef mit seinem Intimfeind Norbert Darabos (r.) und dessen Nachfolger Gerald Klug – hatte schon beizeiten vor den Auswirkungen der Bundesheer-Demontage gewarnt.

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